Der Islam erfordert, sich Gott zu unterwerfen. Andererseits billigt ;man dem Menschen natürlich auch im Islam Vernunft und Verstand zu. ;Besteht hier kein Widerspruch?;
Islam bedeutet tatsächlich, sich Gott zu unterwerfen und gleichzeitig Vernunft und Verstand anzuerkennen. Warum hier kein Widerspruch besteht, wollen wir klären, indem wir Vernunft und Verstand einsetzen.
Die Prinzipien des din (der muslimischen Art und Weise zu leben), die wir in unserem Leben verstehen und beachten sollen, werden auf vernünftige Art und Weise im Koran dargelegt. Der Koran stellt eine Offenbarung der Wahrheit dar. Die in ihm vorgelegten Beweise für die Existenz Gottes setzten ein Prophetentum voraus, das allein in der Lage ist, uns Kenntnisse über das Wesen Gottes zu vermitteln. Die Informationen, die die Menschheit über das Göttliche besitzt, wurden ihr also ausschließlich von Propheten mitgeteilt.
Beweise, die sich auf das Göttliche und das Prophetentum beziehen, appellieren genauso an Vernunft und Verstand wie jene Beweise, die Tod und Auferstehung betreffen. Die Erkenntnis über die Ewigkeit, die der Mensch besitzt, ergibt sich eigentlich aus dem ewigen Leben selbst. Wäre dies nicht so, könnte eine solche Erkenntnis innerhalb der Grenzen menschlicher Erfahrung oder Vorstellungen gar nicht existieren.
Was nun die Offenbarungen Gottes betrifft, so handelt es sich bei ihnen um die Worte Gottes. Der Koran ist die letzte Offenbarung und auch die einzige, die unverfälscht zu uns gelangt ist. Selbst wenn alle Dschinn (Geistwesen) und Menschen gemeinsam versuchen würden, einen Vers hervorzubringen, der einem des Koran vergleichbar wäre, würden sie scheitern. Auch die Thora, die Psalmen und das Evangelium sind Worte Gottes, jedoch nicht in ihrer jetzigen verfälschten Form.
An dieser Stelle soll nicht erörtert werden, in welchem Verhältnis die einzelnen Prinzipien des din zu Vernunft und Verstand stehen. Unser Ziel ist lediglich nachzuweisen, dass der Verstand alle Punkte, die den Glauben des Islam betreffen, nachvollziehen kann. Ein solcher Nachweis findet allerdings vor dem Hintergrund der beschränkten menschlichen Erkenntnisfähigkeit statt und besitzt daher nur wenig oder sogar überhaupt keine Aussagekraft.
Jede Handlung Gottes steht per Definition mit Vernunft und Verstand im Einklang, denn Er ist der Weise und der Allwissende, Dessen Werke eine bestimmte Absicht verfolgen und nicht absichtslos verrichtet werden. Im Vergleich zu den Werken Gottes haben selbst die Werke der fähigsten Menschen so gut wie gar keine Bedeutung. Die uns anvertraute Welt, in der wir leben, übersteigt bei weitem alles, was unser Leben dieser Welt hinzuzufügen vermag; aber auch das, was wir beisteuern, stammt letztendlich von Gott. Aus dieser Tatsache können wir die klare Erkenntnis ableiten, dass Gott mit jeder Seiner Handlungen ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt. Dies ist eine Erkenntnis, die Vernunft und Verstand in jeder Hinsicht zufrieden stellt.
Wir können eigentlich gar nicht anders als an Gott, den Allmächtigen, zu glauben. Seine außerordentliche Erhabenheit erfahren wir einerseits durch Betrachtung und Reflexion über die Gesetze Gottes, die in der Welt wirken, andererseits durch unsere inneren persönlichen Überzeugungen.
Dieser Glaube an Gott und dieser Eindruck von Seiner Existenz - ob nun in der äußeren Welt oder in unserem Innern - führen zwangsläufig dazu, dass wir uns Gott unterwerfen. So führt der Pfad, dessen Ausgangspunkt bei Vernunft und Verstand liegt, geradewegs zur Unterwerfung. Sich unterwerfen heißt, gewollt und absichtsvoll gehorsam gegenüber Gott und all Seinen Geboten und Verboten zu sein. In diesem Sinne handeln wir, wenn wir beten, fasten, die Armensteuer zahlen und auf Pilgerfahrt gehen und Wucher, Bestechung, berauschende Getränke, Ehebruch und ähnlich üble Dinge vermeiden.
Gott hat für Seine Gebote und Verbote zweifellos Gründe, von denen wir einige auch verstehen können. Ein möglicher Grund einer Vorschrift liegt zum Beispiel darin, dass wir sowohl als Individuen als auch als Wesen, die in Gemeinschaft mit anderen leben, davon profitieren, wenn wir diese befolgen. Gründe dafür, warum die fünf Pflichtgebete jeweils zu bestimmten Tageszeiten verrichtet werden müssen, sind unter anderem die Stärkung von Selbstdisziplin und Ordnung oder die Stabilisierung des Glaubens und der Gemeinschaft. Auch die äußeren Notwendigkeiten, die beim Gebet eingehalten werden müssen, sind nicht ohne Grund genau festgelegt. Hierbei fällt der hohe Wert, der der Waschung bestimmter Körperteile (wudu) als Vorbereitung auf das Gebet zugeschrieben wird, auf. Das Gemeinschaftsgebet trägt entscheidend dazu bei, eine gläubige Gemeinschaft aufrechtzuerhalten und sie zu bewahren. Die zakat, die Armensteuer, verringert die Kluft zwischen Reich und Arm in der Gesellschaft und sorgt auch für Verantwortungsgefühl gegenüber Schwächeren. Das Fasten kommt der Gesundheit des Menschen unbestreitbar zu Gute. Außerdem möchte ich hinzufügen, dass auch das islamische Strafrecht (im sozialen Kontext von der islamischen Gemeinschaft unter Befolgung der Anweisungen Gottes entwickelt) zum Gehorsam gegenüber dem Weisen und Allmächtigen führen wird, wenn es im Lichte der Vernunft und des Verstandes sorgfältig angewandt wird.
Über die Pilgerfahrt, die Hadsch, sagt der Koran: ...Und der Menschen Pflicht gegenüber Allah ist die Pilgerfahrt zum Hause, wer den Weg dorthin ermöglichen kann... (3:97) Dieser Vers stellt eine klare Aufforderung dar. Wenn wir ihn nicht in Frage stellen und die Pilgerreise unternehmen, vollbringen wir einen Akt des Gehorsams. Doch welchen weiteren Nutzen ziehen wir aus der Pilgerfahrt? Wir werden erkennen, dass die Hadsch eine globale Konferenz der Muslime ist, eine Gelegenheit, sich ohne Diskriminierungen auf Grund von Rasse, Geschlecht, Hautfarbe oder Bildungsstand zu versammeln.
Ob wir nun davon ausgehen, dass wir gehorsam sind und uns darum der Vernunft und des Verstandes bedienen, oder ob wir unsere Vernunft und unseren Verstand benutzen und so zum Gehorsam geführt werden: der Islam erweist sich als richtig. Somit sind die Prinzipien des din sowohl in Vernunft und Verstand als auch im Gehorsam verankert. Der Islam ist ein System, das von Gott eingesetzt wurde und dass auf keine andere Weise hätte angeordnet werden können.
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