Hizmet strebt also nicht die Kontrolle über das System oder eine Übernahme der Regierungsverantwortung an; wie aber nimmt sie dann Einfluss in der Gesellschaft?
Das etablierte soziale Handeln der Bewegung konzentriert sich auf die Aufgaben und Bedürfnisse des Individuums und insbesondere auf dessen Selbstreflexivität und Selbstverwirklichung. Andererseits kritisiert sie narzisstisches Verhalten ebenso wie das Streben nach Selbstbestätigung und umgehender Belohnung. Hizmet möchte dazu beitragen, den Status des Individuums und seiner Probleme von Grund auf zu verändern. Mit ihren soziokulturellen Anstrengungen und Diensten spricht die Bewegung die individuelle Dimension des gesellschaftlichen Lebens an, und mit den Produkten, die sie anbietet, vermag sie die ganze Gesellschaft zu erreichen. Die Ebene, auf der sie neue Formen des sozialen Handelns hervorbringt, ist nicht die Machtebene, Regierungsebene oder Regimeebene. Hizmet schult und sozialisiert Individuen, ohne das Soziale zu individualisieren und zu politisieren. Die Bewegung erkennt an, dass sich weder Individuen noch Systeme jemals auf allen Ebenen gleichzeitig und in gleicher Weise verändern. Wandel erfordert Zeit, Hingabe, Engagement und Geduld; und er lässt sich nur durch Bildung, Frieden und die Kooperation gleichgesinnter Bürger und Kulturen erreichen.
In einer modernen Neuformulierung der Lehren von Dschelaleddin Rumi, Yunus Emre und anderer klassischer Sufimeister verweist Fethullah Gülen auf die Vervollkommnung von Herz und Verstand durch die Bildung. Er ermutigt die Menschen, sich aktiv und positiv in die Welt von heute einzubringen. Er ermuntert sie, im Geiste der Kooperation einen Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften, sozialen Schichten und Nationen zu eröffnen. Fethullah Gülen selbst hat sich in der Türkei und in aller Welt sehr stark im Dialog zwischen Ideologien, Kulturen, Religionen und ethnischen Gruppen engagiert und ist dabei weit über traditionelle religiöse Kreise hinausgegangen.
- Erstellt am .